Keine Lust!

Jetzt mit dieser neuen Medikation habe ich noch mal ein bisschen reflektiert, wie das in meinem Leben eigentlich mit Durchhängern, Motivationslöchern und Anzeichen depressiver Verstimmungen ist. Und wie ich damit umgehe.
Irgendwie habe ich es in all den Jahren, in denen ich wegen meinem Dachschaden in Behandlung war, nicht ein einziges mal geschafft, die Diagnose „Deperssion“ zu erhalten. „Depressive Verstimmung“ hatte ich schon auf dem Diagnosenzettel. Aber das ist eindeutig etwas anderes.
Manchmal sage ich: ich habe schon so viele Probleme, eine Depression kann ich nicht auch noch gebrauchen. Dann schmunzelt mein Gegenüber.
Ja, ich habe keine Lust, ich finde das Leben an sich und insbesondere mein Leben doof, ich will oft rumhängen statt aktiv sein und Schlaf gehört zu meinen Problemthemen. Aber das macht ja noch keine Depression. Und auch keine depressive Verstimmung.
Ich will mal sammeln, was ich mache, wenn ich in Null-Bock-Stimmung bin:
– Tee trinken. Am besten nur eine Tasse Tee aufbrühen. Bei einer Kanne Tee muss ich weniger Aktivität pro getrunkener Tasse aufbringen. Und der Trick beim Tee-Trinken ist ja nicht, sich Flüssigkeit einzuverleiben oder etwas leckeres im Mund zu haben, sondern aktiv zu sein. Das lässt Zeit verstreichen. Zeit, in der ich etwas tue, was ich gut kann und was sinnvoll ist. Am liebsten laufe ich, während das Teewasser erwärmt wird und während der Tee zieht, in der Wohnung rum und erledige etwas. Auch das erhöht das Aktivitätsniveau.
– Klavier spielen. Dabei geht ratz-fatz eine Stunde rum. Es ist eine Aktivität, bei der ich kaum denke, die ich gut kann, und die nicht nervt.
– Sinnloses Computerspiel spielen und dabei Musik hören.
– Spazieren gehen.
– Rausfinden, ob es gerade ein zu bearbeitendes Thema gibt, das nervt, und an dem Thema arbeiten.
– Aktivitäten für die nahe Zukunft planen, z.B. „heute Abend treffe ich mich mit XY“ oder „in zwei Wochen nehme ich an einem Workshop teil“
– Dinge erledigen, die sowieso getan werden müssen, z.B. abwaschen, Kohlen hoch holen, einkaufen gehen, Wäsche abnehmen, Abrechnungen machen. Das sind Sachen, bei denen es egal ist, ob man sie gern oder ungern tut, also kann man auch die Null-Bock-Stimmung nutzen um diese Dinge gleich weg zu haben. Dann lässt sich die Yeah-Yeah-Stimmung viel effizienter für schöne Aktivitäten nutzen.
– Kaffee trinken oder Zigarette rauchen. Als schöne Insel im wabrigen Bäh-Gefühl.
– Mit anderen Menschen sprechen. Interaktion bringt meistens auf andere Gedanken und verändert das Gefühlsleben.
– Einigeln, Sofa, Decke, Kinderfilm.
Allgemein ist es bei mir meistens so, dass ich der Null-Bock-Stimmung erstmal kurz nachgebe und etwas ruhiges mache (rumsitzen oder so) und dann nach 15-30 Minuten aktiv werde. Bei nachhaltiger Null-Bock-Stimmung wechsele ich Ruhe und Aktivität ab. Aber ganz zentral ist bei mir das Aktivsein. Das macht es möglich, dass diese Stimmung verschwindet. Das Lösen nerviger Problem verbessert meine Stimmung auch.
Z.B. diese Sache mit dem Verehrer hat mich seit zwei Tagen genervt. Seitdem schreibt er mir mehrmals am Tag Mails, wo drin steht, dass er mich wieder sehen will und was er gern mit mir unternehmen will. Vielleicht tue ich ihm ja unrecht, aber ich halte ihn für einen ziemlich einfach gestrickten Mensch, der eine Absage ohne Begründung nicht akzeptiert, und der die Begründung „ich stehe nicht auf Männer“ auch nicht akzeptiert. Deshalb habe ich keinen Ansporn, seinen Bemühungen etwas entgegen zu setzen. Aber ich habe auch keine Lust, weiterhin zu Mondscheinspaziergängen eingeladen zu werden und animierte Emojis mit Kussmund zugeschickt zu bekommen. Dieses ungelöste Problem hat mir die Stimmung ganz schön verhagelt. Jetzt habe ich mich für die Lösung entschieden, einen Email-Filter einzurichten, bei dem seine Mails ignoriert werden. Und schwupps ist meine Stimmung besser.
Zusammenfassung: Probleme lösen wirkt bei mir stimmungsaufhellend, Aktivität macht Stimmungstiefs leichter erträglich.

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